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Faust II in Weimar

In the 3rd year of his residency at the German National Theater in Weimar, Sven is composing the soundtrack for Goethe`s most enigmatic theater play Faust II. The stage music will be a mix of different, selfbuild mechanic devices and analog synthesizer elements. The premier performance will be on February 27th.


This is the German text for the theater program book:

Deus ex machina – die Musik zu Faust II

Spieluhren, Planetenuhren, Wecker, selbstgebaute Federmechanismen, Maschinen und die hörbar gemachten Geräusche der neuzeitlichen Universalmaschine “Computer” bilden den klanglichen Rahmen für Hasko Webers neue Faust II Inszenierung.
Als Abbild der Natur oder auf der Suche nach Überwindung der Schranken des menschlichen Körpers und Geistes hatten Automaten bereits seit der Antike eine besondere Faszination.
Mit Hilfe der Automaten konnten ihre fürstlichen Besitzer den Eindruck vermitteln, sie seien in der Lage, sogar die mathematisch kompliziertesten Phänomene des Universums, nämlich die Bewegung der Planeten am Himmel, zu beherrschen. Die Uhren waren damit nicht nur mechanische Wunder- und Kunstwerke ersten Ranges, sondern auch Herrschaftssymbole, die Kosmos, Weltbild und Transzendenz vereinten. Sie führten Zweitausend Jahre Himmelsbeobachtungen und kosmologische Theoriebildung in mehreren Sprach- und Kulturkreisen zusammen.
Unter dem Einfluss der klassischen Mechanik von Isaac Newton gelangten Planetenuhren und mechanische Wesen im 18.Jahrhundert zu neuer Blüte. So soll der Erfinder Jacques de Vaucanson zur Belustigung des französischen Hofes eine lebensgroße Ente aus Metall konstruiert haben, die Körner aufpickte, sie hinunterschluckte, verdaute und als kleine Häufchen wieder ausschied.
Goethes Vision von einer ganzheitlichen Naturwissenschaft stand dem materialistischen Weltbilde der modernen Naturwissenschaft seit Newton kritisch gegenüber. Schon Descartes’ Vorstellung, alles würde nur durch Druck und Stoß entstehen erweckte Goethes Abneigung. Er bejahte die Erfahrbarkeit unsichtbarer Kräfte, aber übte skeptische Zurückhaltung wissenschaftlicher Erklärbarkeit und Verdinglichung gegenüber.
Goethes Grundannahme der Analogie als Ordnungsmuster der Natur, die ihn den Zwischenkieferknochen beim Menschen entdecken ließ, durchzieht sein gesammtes Werk und in besonders eindringlicher Weise den Fauststoff. Die Beobachtung der Metamorphose bei Pflanzen ließ in ihm nur den analogen Schluss zu, dass auch der Mensch ein Werdender sei. Die Gestaltung des “Werdenden” Faust beschäftigte ihn ein Leben lang.
So klingen die statischen, musikalischen Strukturen im Faust II kontrapunktisch zu Goethes Denken und laufen doch parallel zum konfliktreichen Stoff.
Manchmal korrespondieren sie mit den theatralischen Vorgängen, etwa als Entsprechnung der Mechanik der Verführung in der Helena Szene oder aggressiv mit Euphorion, manchmal markieren sie die Faszination simpler Lösungen. Meist jedoch bilden sie das Grundrauschen eines Konfliktes, der bis in die heutige Zeit anhält und das Denken in ganzheitliche Wahrnehmung und mechanistische Vorstellungen teilt.

Sven Helbig

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